Schaumberg-Altar (Marienaltar)
Im Domschatz-Museum in Regensburg findet sich in der ehemaligen Bischofskapelle der sog. Schaumberg-Altar, ein Marienaltar der Äbtissin Wandula von Schaumberg (1533-1545), „der zu den bedeutendsten plastischen Werken der deutschen Frührenaissance gehört“ (Raith 58). Die Äbtissin stand dem adligen Kanonissenstift Obermünster in Regensburg vor und gab 1534 einen Steinaltar zu Ehren der Gottesmutter in Auftrag. Der etwa 2,20 m im Quadrat große Altaraufbau befand sich ursprünglich in der Obermünster-Kirche (Nordschiff) und überstand geschützt deren Zerstörung 1945. Seit 1976 steht dieser herausragende Altar im Domschatz-Museum, als Dauerleihgabe des Diözesanmuseums. Der 1540 fertiggestellte Andachtsaltar zeigt zentral das Thema des Marientodes sowie sieben Motive der Freuden Mariens.
„Mit Recht betonen zahlreiche Autoren… die engen Beziehungen des Altares zum Werk Albrecht Altdorfers“ (Hubel 76). Während der Entwurf dem Regensburger Künstler Altdorfer (+ 1538) zugeschrieben werden kann, läßt sich die Ausführung nicht präzise einer Person zuordnen; er „dürfte jedenfalls dem Kreis um Viktor Kayser zuzuordnen sein“, einem Augsburger Meister (+ 1553); die „fast klassizistische Kühle und Exaktheit der Ausarbeitung steht in reizvollem Kontrast zu den Entwürfen Altdorfers“ (Hubel 77). Die Zuordnung an die Äbtissin von Schaumberg ist eindeutig, da sich im Sockel neben dem Wappen und der Darstellung der knienden Äbtissin ein ausführlicher Stiftungstext befindet.
Der Altaraufbau wird dominiert von einem vertikalen Bogenfeld, gesäumt von zwei Pilastern samt Voluten-Akanthus-Kapitellen, die einen Architrav mit flachem Dreiecksgiebel tragen. Ein zweifarbiges Relief-Tondo mit einer Marienkrönung ist dem Giebel vorgeblendet.
Der Hintergrund des Zentralreliefs ist in Rotmarmor ausgeführt, die Personengruppe in hellem Kalkstein. Es zeigt einen Marientod (Typus: „Letztes Gebet Mariens“): Maria ist betend niedergesunken, umringt von der bewegten Gruppe der Apostel, in der keine Figur der anderen gleicht. Als räumlicher Hintergrund ist ein Chorraum angedeutet. Die Seele Mariens schwebt als Kind empor zu Gottvater, der als bärtiger Mann in einem Wolkenmedaillon erscheint. Das Giebel-Tondo überragt den Altar auffällig mit dem Motiv der trinitarischen Krönung Mariens.
Das Motiv der Sieben Freuden Mariens (vgl. ML II, 538 u. VI, 154 f.) fand in Kunst und Literatur um 1500 zunehmend Interesse und wurde in der Neuzeit besonders von den Franziskanern mit dem Rosenkranzgebet verbreitet. Es fällt beim Schaumberg-Altar auf, dass das sonst stets vorhandene Motiv der Heimsuchung fehlt sowie das der Auffindung Jesu im Tempel; dafür wurde die Himmelfahrt Jesu und Pfingsten hinzugenommen sowie die Coronatio Mariae, als Krönung des Altars.
Diese Darstellung des Marientodes will nicht als trauriges Denkmal verstanden sein, sondern als hoffnungsvolle, ja freudenreiche Vergewisserung, dass Maria in ihrem Tode im Himmel verherrlicht worden ist. So flankieren sechs kleinere Rundbogen-Relief-Felder den Mittelteil des Altars. In weißem Kalkstein zeigen diese Reliefs von links oben beginnend zunächst die Verkündigung, rechts oben die Geburt Jesu in Bethlehem, die Anbetung der Könige (links mittig), die Auferstehung (rechts mittig) und Himmelfahrt Jesu (links unten) sowie Pfingsten mit Maria als Zentralgestalt (rechts unten).
Beim Hauptmotiv des Altars wird noch das Dormitio-Motiv als Darstellungsform gewählt, wie es schon 100 Jahre zuvor beim Marienportal des Regensburger Domes verwendet worden war; im folgenden Barock sollte das Assumptio-Motiv das des Marientodes verdrängen.
Der Schaumberg-Altar erscheint an seinem jetzigen Standort im Domschatz-Museum sehr vorteilhaft platziert, als angemessener Abschluss eines schmalen, eingewölbten Raumes (ehem. Bischofskapelle), der im Stil der Renaissance mit filigranen Blumen und Ranken bemalt ist. Die geometrischen Formen des Altaraufbaus tragen streng die Reliefs mit den bewegten Szenen in den hellen Relief-Feldern. Der Altar erzählt das von sieben Freuden geprägte Leben der Jungfrau Maria und blendet die Schmerzen Mariens aus, die in den vorangegangenen Jahrhunderten mit dem zentralen Pietá-Motiv dominiert haben. Keine Figur oder Darstellung am Schaumberg-Altar tritt hervor – man muss sich auf die kleinteilige Darstellung und „Erzählung“ einlassen.
Autor: Achim Dittrich (16.11.2023)
Literatur:
Felix Mader, Die Kunstdenkmäler der Oberpfalz XXII – Stadt Regensburg II: Die Kirchen der Stadt, München 1933.
Achim Hubel, Der Schaumberg-Altar, in: Ders., Der Regensburger Domschatz, München-Zürich 1976, S. 75-78 (mit SW-Abb. 15-25).
Oskar Raith, Die erhaltenen Grabmäler der Äbtissinnen von Obermünster und ihre Inschriften, in: Reichsstift Obermünster in Regensburg einst und heute (BzGdBR 42). Hg. von Paul Mai und Karl Hausberger, Regensburg 2008, S. 45-72, speziell S. 56 ff.
Hubert Kernl, Altäre der Renaissance. Der Schaumbergaltar, in: AK Regensburger Herbstsymposium (Hg.): „Zwischen Gotik und Barock“ – Spuren der Renaissance in Regensburg, 2012, S. 127–129.
Im Internet (mit Fotos):
https//de.m.wikipedia.org/wiki/Wandula_von_Schaumberg (Zugriff: 18.11.2023)
https://www.bistumsmuseen-regensburg.de/kunstwerk-des-monats/13-kunstwerk-des-monats-2009/127-kunstwerk-des-monats-januar-2009.html