MARIENLEXIKON

Heinrich von Werl OFM

Von Dinko Aracic – Art. in: ML III (1991) 133 f.

Heinrich von Werl, OFM, * um 1400 in Werl (Westfalen), + 10.4.1463 in Osnabrück, studierte um 1430 in Köln (Promotion 1435). 1432-62 Provinzial der Kölner Franziska­nerprovinz. Er lehrte Theologie an der Universität Köln (1434-61) und wurde als einer der be­deutendsten Magister der ersten Hälfte des 15. Jh.s bekannt. Es ist zwar nicht sicher, dass H. am Baseler Konzil (1431-49) teilnahm, doch stand er fest auf der Seite Eugens IV. gegen den Kon­ziliarismus. Er verfasste den »Tractatus collectus ex diversis … de excellentia potestatis apostolicae«; auf die Gegenargumente antwortete er mit einem »Clarificatorius«.

Unter seinen Schriften Heinrichs befindet sich auch ein Traktat über die UE, als Kommentar zum 3. Buch der Sentenzen in Form der »Quaestiones disputatae«. Dieser Traktat, wahrscheinlich um 1432 entstanden, wurde in einem Sammelkodex in der Landesbibliothek in Karlsruhe gefunden und von S. Clasen herausgegeben. Die Idee der Erbsünde ist bei H. mit der Befleckung des Flei­sches eng verbunden, und er nimmt deshalb sofort das eigentliche Thema auf: »Utrum virgineae Matris ac suae benedictae Prolis caro illibata sit prorsus ab omni peccato praeservata«, in drei Artikeln aufgegliedert: 1. »De virginis Ma­tris a peccato originali praeservatione«; 2. »De eius sanctitate fomitisque sui extinctione ac peccati venialis vitatione«; 3. »De carnis Christi decimatione ac traductione et Dominici corporis formatione«. Jeder Artikel ist vielfach geglie­dert. So wird die Abwesenheit der Erbsünde bei Maria und ihre Freiheit von allen Sünden darge­stellt (175-207). Maria ist durch das »Zuvorkom­men« Christi von der Erbsünde bewahrt geblie­ben. Schon vom ersten Moment ihrer Existenz an ist Marias Fleisch geheiligt, und sie ist erfüllt von Gottes Gnade (175-188): Christus als voll­kommener Erlöser hat für seine Mutter eine präservative Erlösung von der Allgemeinheit der Erbsünde vorverdient. Als Verteidiger der UE gehört H. zur Tradition der Franziskaner­schule. Er ist Anhänger des J. -> Duns Scotus und J. Vitalis, dessen »Difensorium Virginis« er viel verdankt, wie er selber angibt (9, 51, 68, 77, 85ff.). Seine Gedanken entsprechen teilweise der Bulle »Ineffabilis Deus« Pius‘ IX. (1854).

WW: »Principia in I et III Sententiarum«, Sentenzenkom­mentare zum I. und zum III. Sentenzenbuch, »Quodlibet«. — Tractatus de formalitatibus, In: FrS 14 (1954) 310-322, 412-442. — Tractatus de Immaculata Conceptione BMV, hrsg. von S. Clasen, 1955.

Literatur: S. Clasen, H.v.W., ein deutscher Skotist, In: WiWei 10 (1943) 61-72; 11 (1944) 67-71. – DThC II 2045f. – FS 38 (1956) 113-114. – CFr 27 (1957) 338. – WiWei 19 (1956) 151. – 2LThK V, Sp. 152. – S. Clasen, Heinrich von Werl, In: NDB, Bd. 8, Berlin 1969, 430. – D. Jansen, Der Kölner Provinzial des Minoritenordens H. von Werl / Der Werl-Altar u. R. Campin, In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 45 (1984) 7-40. – D. Berg (Hg.), Franziskanisches Leben im Mittelalter. Studien zur Geschichte der rheinischen u. sächsischen Ordensprovinz, Werl 1994. – H.-J. Schrage, Werl gestern-heute-morgen. Jahrbuch der Stadt Werl u. des Neuen Heimat- u. Geschichtsverein Werl e.V., Werl 2002.

Literatur ergänzt von D. Aracic (10.12.2023)