Eucharistie
Die heilige Eucharistie und die Gottesmutter Maria von Johannes Stöhr
Marias Nähe zur hl. Eucharistie folgt theologisch aus ihrer Verbindung mit dem Mysterium des Gottmenschen; Hl. Schrift und Tradition bieten verschiedentlich Hinweise darauf. So z.B. erwähnt das vierte Ev. die Anwesenheit und das Eingreifen Marias auf der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-11). Das Weinwunder ist im Zusammenhang mit der wunderbaren Brotvermehrung (Joh 6) zu sehen und weist in der johanneischen Theologie auf die Fülle und Kostbarkeit der Heilsgnade hin, die in der E. vollendet zum Ausdruck kommen. Die Stunde, an welche Jesus Maria gemahnt (Joh 2,4), ist die Stunde des Kreuzesopfers, das ja im Meßopfer vergegenwärtigt wird. Außerdem verweist das Hochzeitsmahl zu Kana auf das von den Juden erwartete messianische Mahl (Offb 3,20). Diese Beziehungen werden noch deutlicher, wenn man feststellt, daß das JohEv in den Sakramenten die Fortsetzung der Ereignisse des Lebens Jesu sieht (O. Cullmann, Les sacrements dans l’Evangile Johannique, 1951). Die anläßlich des marian. Jahres von der Congregatio pro cultu divino offiziell herausgegebene Collectio Missarum de B.M.V. (1987) erklärt zur Votivmesse De B.M.V. de Cana: »secundum liturgiae sensum hoc tenendum est: Matrem Jesu, quae adfuerit convivio nuptiali Canae, eucharistico adesse Ecclesiae nuptiali convivio. Quare communitas fidelium cotidie Eucharistiam celebrat cum gloriosa Virgine Maria in primis communicando.« (n. 9; p. 34). Im übrigen war Maria in der Urgemeinde von Jerusalem anwesend, in der die Brotbrechung stattfand (Apg 1,14; 2,42).
Die Eucharistie bedeutet, enthält und verwirklicht das in Maria grundgelegte Geheimnis unseres Heils, wie es Paulus formuliert hat: »Geboren aus einer Frau, … um uns zu erlösen« (Gal 4,4 f.). Gegen die doketische Irrlehre von einem bloßen Scheinleib Jesu betonten schon Ignatius v. Antiochien (Ad Smyrn., c. 7; PG 5,708,714), Justin (Apol 1; PG 6,427) und Irenäus (Adv. haer. 5 c. 1; PG 7,1122) die wahre Menschheit Jesu zugleich für die Inkarnation und Geburt aus Maria wie für die E., d.h. die Identität des irdischen und des eucharistischen Leibes Christi (Ephraem: »Sacramentum illius corporis unici, quod e Maria assumpsit«; Lamy, 6,732). Kirchenväter wie -> Hilarius v. Poitiers haben auf den Zusammenhang zwischen E. und Menschwerdung schon ebenso hingewiesen (De trinitate, 8,13; PL 10,246) wie in unserer Zeit M.J. -> Scheeben (Mysterien, Paragr. 69-76). Die Liturgie hat zudem die bibl. Bilder des Templum Domini (vgl. das Formular der entspr. Messe; Coll. Missarum de B.M.V., 1987, n. 23 p. 92-94), Tabernaculum, Domus Domini, Domus aurea, Aula regalis, Civitas sancta, Arca foederis, Altare aureum, Vas ferens coeli manna (Ephraem) usw. als typologische Bezeichnungen Marias verstanden.
Eine theol. Bestimmung des Verhältnisses Marias zur Eucharistie muss auch davon ausgehen, daß die E. das Mysterium des fortlebenden Christus ist. Insofern Maria Mutter Christi wurde, legte sie die Grundlage der E. (vgl. Ps.-Epiphanius; PG 43,490D, 492D, 496A, 497; Johannes Damascenus; PG 96,658A, 711C); denn durch ihr Jawort schenkte sie der Menschheit ihr Haupt, ihre Opfergabe, ihre übernatürliche Nahrung (Andreas v. Kreta, f 740: »Factus est tuus utérus mensa nostra, coelesti instructa pane, ex quo si quis manducat non moritur … Dei genetrix, qui Universum alit«; PG 97,1426). Zugleich wurde sie aber nach theol. gut begründeter Lehre durch die Inkarnation auch die Mutter des mystischen Leibes, den der Logos sich angegliedert hat. Das Sakrament des mystischen Leibes schlechthin ist nun aber, wie besonders auch schon Augustinus verdeutlicht, die E. Das Kreuzesopfer hat dem mystischen Leib Christi das Leben vermittelt, das durch die E. für alle Zeiten gegenwärtig gesetzt wird. Maria war beim Kreuz durch ihr Mitopfern beteiligt; also muß sie auch beim Meßopfer, das damit im Wesen identisch ist, nahe sein. »Filium et matrem unus sociat amor, unus coniungit dolor, unaque tibi placendi movet voluntas« (Praef. Missae de S. Maria in praesentatione Domini: Coll. Miss, n. 7 p. 30). Um uneingeschränkt Glieder des mystischen Leibes zu sein, vereinigen wir uns in der hl. Kommunion mit dem Fleische Christi, das aus der Jungfrau Maria stammt.
Bei diesen Mysterien Christi wirkt der Hl. Geist in einzigartiger Weise: sowohl das Werden des realen wie des mystischen Christus geht auf ihn zurück (vgl. Lk 1,33 mit Apg 1,5-8; E. Mersch, Le corps mystique du Christ I, 1936, 74 f.). Die Epiklese schreibt die Wandlung der Opfergaben zum eucharistischen Leibe Christi dem Hl. Geiste zu. Maria aber war in einzigartiger Weise Gehilfin und Werkzeug des Hl. Geistes. Mit Recht hat deshalb die offizielle kirchl. Liturgie Maria in engstem Zusammenhang mit dem Geheimnis der Menschwerdung und der E. gesehen (vgl. Prières des premiers chrétiens, 1952, 120 ff.). Zuerst wird sie in der Liturgie des hl. Jakobus erwähnt: »Er ist vom Himmel herabgestiegen und hat Fleisch angenommen aus dem Hl. Geiste und der hl. Maria, der immerwährenden Jungfrau und Mutter«. Die röm. Liturgie erwähnt Maria im Communicantes; ähnlich auch andere Liturgien. Gemäß dem äthiopischen Kanon hat sie unser Opfer gezeugt (PL 138,928). Die Darbringung der sei. Jungfrau im Tempel erscheint in nicht wenigen Zeugnissen als Anfang und Voraussetzung der Opferhingabe Christi am Kreuz und in der Eucharistie. Ähnlich wie -> Petrus Damiani sieht auch -> Adam de Perseigne CanReg (t 1221) eine enge Beziehung zwischen Maria und der E. (Ep. 21; PL 211,657AB: »Quis tibi es et qualis, ubi inter manus tuas Virgo de Spiritu sancto concipit, cum te proferente verba mysterii illibata, visibilis oblationis substantia in divinae carnis substantiam transit?«) und predigte unermüdlich den Priestern das Marienideal (Ep. 18; PL 211,644-648; ebenso im Mariale). Die Darbringung Jesu im Tempel ist ihm der Anfang des christl. Opfers (PL 211,727). So erklärt auch -> Bonaventura von ihrer Hingabe: »Oblatio salvatoris … inchoat oblationem sacrificiorum iustitiae in Novo Testamento« (Sermo 1 in purif., ed. Quaracchi IX, 633).
»Quae quidem oblatio fuit consummata in patibulo; sed hodie a b. Virgine fuit inchoata in templo; et ideo sacramentalis oblatio in oblatione Virginis hodie quasi sumpsit exordium et fun- damentum« (Sermo de Purificatione 5, ed. Quaracchi, vol. 9, 655a, cf. Sermo I, ib. 633-634). »Wer die Süßigkeiten des Honigs verkosten will, die im Sakrament des Altares verborgen sind, benötigt das patrocinium der seligsten Jungfrau« (Sermo de ss. corpore XI; vol. 5,559). »Jesus ist die Blume, die aus dem Reis Jesse erblüht. Willst du diese gebenedeite Blume pflücken, so neige durch dein Gebet den Zweig zu dir herab, der sie trägt, und suche Jesus im heiligsten Sakramente nur am jungfräulichen Herzen Marias« (Furger 762). Ähnlich auch der schismatische Erzbischof Simeon v. Thessalonich: »Sie ist die Wurzel, die Mutter, die Ursache des eucharistischen Opfers« (magni sacrificii radix, genetrix et causa … ideo etiam ab eius [Filii] dextris stat et a dextris sancti panis particulam eius nomine sacratam ponimus, per id ostendentes quod illa omnibus creaturis praestat et Deo proxima astat a sinistris angelorum et omnium sanctorum, quippe qui omnes secundum ordinem occupant multo inferiorem quam is quem illa tenet. De sacra Lit., c. 94; PG 155, 281D-284A).
Im MA wurde häufig der Satz gebraucht: »Caro Christi, caro Mariae«; der Leib Christi ist dem Ursprung nach der Leib Marias (Thomas: Fructus ventris generosi). Beim Werden des Leibes Christi wirkte die seligste Jungfrau aufgrund der jungfräulichen Empfängnis leibhaftig mit. Fleisch und Blut des verklärten in der heiligen E. gegenwärtigen Jesus ist kein anderes: corpus natum de Maria Virgine (Thomas). -> Franz v. Sales formulierte: »Willst auch du mit der seligsten Jungfrau Maria verwandt sein, so kommuniziere. Denn wenn du das heiligste Sakrament empfängst, so empfängst du Fleisch von ihrem Fleisch und Blut von ihrem Blut; denn der kostbare Leib des Heilands, gegenwärtig im heiligsten Sakrament, ist gebildet im Schoß der Jungfrau von ihrem reinsten Blut.« Deshalb wurde die GM auch als Aula caelestium sacramentorum (Coll. Missarum de B.M.V, n. 16: S. Maria, fons lucis et vitae, Ant. com.), causa radicalis, d.h. wurzelhafte Ursache der heiligsten Eucharistie (Simeon v. Thessalonich, t 1413) bezeichnet, da Leib und Blut, die auf dem Altar sakramental gegenwärtig sind, geopfert und empfangen werden, von ihr stammen. Berühmt ist der Satz Pius‘ X.: »Ex hac autem Mariam inter et Christum communione dolorum ac voluntatis, promeruit illa, ut reparatrix perditi orbis dignissime fieret« (Ad diem illum; ASS 36 [1903-1904] 453 s.). Wenn das Kreuzesopfer fortdauert bzw. gegenwärtig gesetzt wird, ist auch ihr Mitwirken auf Golgotha nicht reine Vergangenheit; man kann annehmen, daß Maria bei jeder hl. Messe mit der auf Golgotha bewiesenen Opferbereitschaft dabei ist. Deshalb wird sie in jedem der vier eucharistischen Hochgebete ausdrücklich erwähnt. Durch ihre mütterliche Liebe und Sorge, die sie dem göttlichen Sohn entgegenbrachte, hat sie uns gleichsam auch den Tisch zu decken begonnen für das Opfermahl der heiligen Kommunion.
Die Erwähnung Marias in der Liturgie bezieht sich nicht nur auf ihre instrumental-ursächliche Beteiligung an der Grundlegung der E., sondern auch auf ihre Fürbitte, mit der sie als Höchste in der Gemeinschaft der Heiligen unser Flehen um Gottes Wohlgefallen beim Opfer unterstützt und umgreift; vor allem aber vollzieht sie auch in Christus und durch ihn als jetzt erhöhte und verklärte GM die Liturgie mit. Somit sieht die Kirche in Maria die Garantie dafür, daß die in der Teilnahme am Opfer Christi gründende Hoffnung auf Vollendung sich auch an den mitopfernden Gläubigen erfüllt. Von daher ist auch zu erklären, daß in der lat. Kirche vor dem ausgesetzten Allerheiligsten die -> Lauretanische Litanei gesungen wird.
Die Kirche mußte sich allerdings nicht nur immer wieder mit rationalistischen Leugnungen auseinandersetzen (z.B. Benedikt XII., 1341, mit dem gerade in Bezug auf das Altarsakrament bei den Armeniern wiederaufgelebten Doketismus: DS 1018), sondern gelegentlich auch mit übertriebenen oder absurden Darstellungen der Beziehungen zwischen Maria und der Eucharistie. Der Karmelitertheologe Guido Terrena v. Perpignan (t 1342) nennt als Irrlehre der Griechen den Satz: »Reliquiae panis consecrati sunt reliquae corporis B. Virginis« und weist ihn sehr scharf zurück (Summa de haeresibus, tract. de haer. Graecorum, cap. 13). Ein Beleg dafür fehlt allerdings; er dürfte kaum typisch sein für die offizielle Lehrverkündigung der Griechen oder namhafter Theologen. Andreas v. Escobar OSB (t ca. 1439) (Tract. polemico-theologicus de Graecis errantibus, ed. E. Candal SJ, Concil. Florent., vol. IV fase. 1, 1952, p. 79) deutet eine ähnliche Meinungsäußerung der Griechen: »Sed utrum sit ibidem virgo Maria, in corpore et anima assumpta (ut pie creditur), potest probabiliter dici, quod sicut Christus est ibidem sacramentaliter, etiam b. Virgo est ibidem quasi sacramentaliter«, als harmlos bzw. als eine probable Meinung. Möglicherweise muß bei Guido Terrena mit einem Mißverständnis gerechnet werden, insofern die nichtkonsekrierten Teile des Opferbrotes manchmal als Typus des jungfräulichen Leibes Marias betrachtet wurden (Goar, Euchologion sive Rituale Graec. I. cap. 157, Paris 1647) oder insofern ein nachliturg. Brotsegen zu Ehren der Panhagia als »Marienkommunion« mißdeutet wurde (Goar, a.a.O., I. cap. 867).
Sicher jedoch übertrieben haben — wohl ähnlich wie schon die Kapharnaiten in Bezug auf den Leib Christi — Christobal de Vega SJ in seiner unkritischen Theologia Mariana (Lyon 1653; vol. 2, Palaestra 21) und Zephyrinus de Someire (Liber de Cultu erga Deiparam in sacramento altaris), insofern sie in der Eucharistie Teile des Fleisches, des Blutes und der Milch der sei. Jungfrau für anwesend hielten, und zwar in propria specie, d.h. nicht nur, insofern sie in Fleisch und Blut Christi sich umgewandelt hätten. Dagegen wandte sich vor allem Theophil Raynaud (Diptycha Mariana t. 7 p. 65). Das Werk Zephyrins wurde 1698 indiziert. Papst Benedikt XIV. urteilte darüber: »Doctrina habita est tamquam erronea, periculosa et scandalosa reprobatusque fuit cultus, quem ex ea praestandum B.Virgini in Sacramento altaris asserebatur« (De servorum Dei beatif. et canonis. 1.4. p. 2 c. 31 n. 32). Auch der Jesuit Joh. Anton. Velasquez (+ 1669) scheint in seinem Traktat De august. euchar. sacramento (Teil des geplanten Werkes De Maria forma Dei) Geschmacklosigkeiten vertreten zu haben (nach F. G. Faber, The blessed Sacr., London 1855, bk. 4, Paragraph 6, 561 Anm.). Solche Auffassungen stützten sich wohl einmal auf die von einigen Theologen, wie z.B. F. Suarez SJ, vertretene Sentenz von der steten Erhaltung der ursprünglich von seiner Mutter erhaltenen Materie des Leibes Christi, die niemals dem gewöhnlichen Stoffwechsel unterlegen gewesen sei, sodann auf eine vom hl. Ignatius v. Loyola in seinem Geistlichen Tagebuch berichteten Vision verwandten Inhaltes (Monument. Histor. Soc. Jesu, Constitut. I, 78-83, übersetzt von Feder, 1922, 48).
Zu ganz anderen, gewissermaßen »feministischen« Übertreibungen, nämlich einer leiblichen Gegenwart Marias in der Eucharistie, kam Heinrich Oswald von folgenden Voraussetzungen her: Maria sollte das speziellere und schwerere Vergehen Evas als des Weibes sühnen, den Weibesfluch aufheben und ihren Geschlechtsgenossinnen einen besonderen Segen vermitteln, wodurch speziell sie Miterlöserin geworden sei; ferner sei Marias Tätigkeit bei der Inkarnation neben der generativen eine quasi-kreative gewesen, so daß die Erhaltung der Existenz Christi dauernd von ihr abhängig blieb. Deshalb erklärte sich Oswald für eine Mit-Anwesenheit Marias in der hl. Eucharistie als dem Erlösungssakrament schlechthin, d.h. für eine gloriose Daseinsweise, Multilokation und Konpenetration ihres Leibes ähnlich wie für denjenigen Christi. Dadurch werde es möglich, Marias spezielle Miterrungenschaft beim Erlösungswerke an allen Orten und zu allen Zeiten allen Frauen zu vermitteln. Obwohl er versicherte, sich mit einer dynamischen oder virtuellen Mit-Anwesenheit Marias in der E. zufrieden geben zu können, hielt er doch für sich persönlich eine wesentliche Mit-Anwesenheit in ihrer ganzen Person mit Leib und Seele unter den Gestalten für möglich. Wie durch die Kraft der Wandlungsworte nur Christi Leib anwesend sei, so sekundär Maria zunächst in ihrer christmütterlichen Bedeutung, welche in ihrem Herzblute und ihrer jungfräulichen Muttermilch liege. Damit würden alle Empfänger der E. zu »leiblichen Söhnen Marias«, und die weiblichen erhielten mehr als die männlichen, eine »Zulage marian. Gnade«. Ebenso bringe Maria bei jedem Meßopfer ihre Mutterschaft, insbesondere ihr Mitleiden, dem Sohne und durch ihn dem Vater dar. Deshalb müsse auch in allen anderen Sakramenten »eine besondere marian. (nach der Wirkursache) oder weibliche (nach der Bestimmung) Gnade enthalten sein«. (Dogmat. Mariologie, 3. Abschnitt, 2. Hauptstück Paragraph 32, Paderborn 1850). Dieses Werk wurde 1855 auf den Index gesetzt.
Mit amtlichen Restriktionen bedacht wurde auch die überzogene Parallelisierung Maria – Sacerdos bzw. die Darstellung Marias in priesterlichen Gewändern (AAS 8 [1916] 146; vgl. dazu Näheres bei R. Laurentin, Marianum [1948] 160-179; ders., Maria — Ecclesia — Sacerdotium, 1952— 53; C. Koser OFM, De notione sacerdotii eiusque applicatione ad B.V.M., In: Maria VII 113-179; O. Müller SJ, ebd., 1-19).
Andere theol. Ansätze für ein Verständnis der Beziehungen Marias zur hl. Eucharistie erwiesen sich als fruchtbarer. Aus der Vorbildhaftigkeit ihres eigenen eucharistischen Lebens nach dem Pfingstfeste, — wie es z.B. der sel. P. J. -> Eymard (+ 1868), der Stifter der Genossenschaft vom heiligsten Sakramente (-> Eucharistiner), den Verehrern der hl. E. eindringlich zur Nacheiferung empfahl —, stammt der Titel »Unsere liebe Frau vom heiligsten Sakramente«; er wurde am 30.12.1905 von Papst Pius X. gutgeheißen und mit einem Ablaß versehen. Die marian. Kongresse von Montréal (1910) und Sidney (1928) behandelten das Thema ausdrücklich; Bruderschaften wurden unter diesem Titel errichtet und Kirchen darauf geweiht. Das eucharistische Leben Marias war unvergleichlich vollkommen; dies folgt aus den gültigen theol. Prinzipien — auch wenn keine biographischen Details protokolliert und überliefert worden sind. Es ist wahrscheinlich, daß Maria nach dem Tode Jesu kein anderes Sakrament als das Altarsakrament empfangen hat; die Taufe benötigte sie ja aufgrund ihrer UE nicht (vgl. Apg 2,46). Johanna v. Valois (+ 1505), 1950 von Papst Pius XII. heiliggesprochen, berichtet von Mitteilungen Marias über die Wohlgefälligkeit der Teilnahme am täglichen hl. Opfer und der Kommunion nach dem Vorbild Marias. Im 17. Jh. begannen die Lehrer der mystischen Theol. der Ecole française (z.B. Ch. de -> Condren, -> Olier, F. J. Bourgoing, Saint-Cyran und nicht zuletzt der hl. Johannes – J. Eudes) eine spezifisch marian. Spiritualität des Priesters zu entfalten — gerade in Bezug auf den wesentlichen Akt der priesterlichen Existenz, die Feier der hl. Messe, und die Verehrung Marias als der »Regina cleri« zu fördern. In unserer Zeit wollte Kardinal Goma y Tomas sogar von einer causalitas instrumentalis coefficiens Marias bei der Wandlung sprechen (Maria Santisima, 1941).
Künstlerische Darstellungen wie z.B. eine russ. Ikone aus dem 6. Jh. mit einer Hostie an Stelle des Herzens (T. Toth beschreibt sie näher), alte Monstranzen oder »Maria im Ährenkleid« (zuerst in Mailand 1387; bes. im 15. Jh.) in Süd-Deutschland und Österreich weisen ausdrücklich auf den Zusammenhang mit der Eucharistie hin (R. Berliner, Die Sinndeutung der Ährenmadonna, In: Die christl. Kunst 26 [1929] 30; L. Kretzenbacher, Maria im Ährenkleid, In: Heimat im Volksbarock, 1961, 93-96).
Die neu belebte Lehre von Marias geistlicher Mutterschaft und allgemeiner Gnadenvermittlung auf Grund ihrer Compassio wirft noch mehr Licht auf die Beziehungen Marias zur E. Maria ist demnach ständig mütterlich besorgt und beteiligt am geistlichen Wachstum ihrer Kinder, und daher insbesondere auch bei der Vermittlung der eucharistischen Gnaden, z.B. für die Disposition der Empfänger. Schon -> Bernhard v. Clairvaux sagt: »Quidquid illud sit, quod offerre paras, beatae Mariae manibus recommendare memento, ut eodem alveo gratia ad largitorem gratiae refluât, quo influxit. Forte enim manus tuae aut sanguine plenae, aut infectae muneribus, eo quod eas ab omni munere non excussisti« (In Nativ. B.M.V., Sermo de aquaeductu, n. 48). Ihn zitiert wieder Bonaventura: »Et propter hoc, sicut per eam [Mariam] hoc sacratissimum Corpus nobis datum est, ita per manus eius debet offerri et per manus eius accipi sub sacramento, quod nobis praestitum est et natum ex eius utero« (Bonaventura, Sermo 3, De s. Corpore Christi, n. 19; ed. Quaracchi, vol. V [1891], 559, fine).
Als Erfahrungssatz im praktischen Leben der Kirche gilt, daß sich sowohl Hochschätzung wie Mißachtung und Verunehrung immer auf beide beziehen, auf Maria und die Eucharistie. Eine Bedeutungsübereinstimmung des eucharistischen Opfers mit dem Abendmahlsopfer legen die liturgischen Texte im Marienmissale von 1994 nahe: „Maria im Abendmahlssaal“ (Die Marienmessen, Freiburg 1994, Nr. 17).
Literatur: Antonius Florentinus, Summa, Venetiis 1581, p. 4 tit. 15 c. 19 (p. 330 ss.). — J. Gerson, Tractatus Nonus super Magnificat, Opera Omnia, Antverpiae 1706, t. 4, pp. 391—451. — Anna v. Proff, Maria und die Eucharistie: oder: Das verborgene Leben des Herrn und seiner heiligsten Mutter in Bildern und Betrachtungen; Vorzugsweise bestimmt für weibliche Seelen und dem Honnefer Paramentenvereine gewidmet, Bonn 1863 (Carthaus) – A. V. Scala, Lo Spirito Santo, la SS. Eucaristia e la Vergine Immacolata, Torino 1894. — I. B. Terien, La mère de Dieu et la mère des hommes IV, Paris 1900/02, S. 42-58. — B. Da Alatri, L’Eucaristia e la Vergine, ed. 2, Roma 1904. — A. Lépicier, Le relazioni di Maria Sma. col. Smo. Sacramento, Roma 1913. — P. J. Eymard, Mois de Maria du T. S. Sacrement, 1927. — J. Furger SSS, Eucharistische Heiligenlegende, 1923, 163 f., 496-498. 761 f.; 67: zu Johanna v. Valois (+ 1505). — P. Dumoutet, Les Saluts du Saint Sacrement et la Dévotion à la Sainte Vierge, In: Rev. Apologétique 27 (1930) 529, 542. — A. Tesnière, Etude théologique sur Notre Dame du Très Saint Sacrement, appendice du Mois de N.-D. du T. S. Sacrement, Eumard J. B., 1929. — V. Ghika, La Sainte Vierge et le Saint Sacrement, In: La Vie spirituelle, Nov./Déc. 1929. — Ders., Relations de la Très Sainte Vierge avec le Très Saint Sacrement, Bruges 1910. — J. M. de la Taille, Mysterium fidei, 1931, 648 ff. — F. Bouchage, La Vierge et le Sacrifice, 1935. — G. M. Roschini, Maria Ssma. e l’Eucharistia, 1935. — Ders., Mariologia II/3 204 ff. — E. Ruffini, Relatione tra l’Eucharistia e la Madonna, 1939. — Ch. de Keyser, La Vierge Marie et l’Eucharistie, 1949. — J. Knox, De necessitudine Deiparam inter et Eucharistiam, 1949 (Lit.angaben bes. auch S. 44). — R. Laurentin, Marie et la messe. Essai sur un problème de spiritualité sacerdotale, In: NRTh Théol 71 (1949) 39-55 — Joaquín María Alonso CMF, De B. M. Virginis actuali mediatione in eucharistia, In: EphMar 2 (1952) 159-204. – De B.V.M. et Ssma. Eucharistia (Alma Socia Christi VI/1, Romae 1952). — La Madonna e l’Eucharistia. Documentazione iconografica (hrsg. vom perm. Ausschuß für die Eucharistischen Weltkongresse), 1954. — Marie et l’Eucharistie. Notre Dame du Très Saint Sacrement. Centre Eucharistique, 1954. — P. Parente, De cooperatione BV. Mariae in SS. Eucharistiae Sacramento Ecclesiae unitatis, in: Maria et Ecclesia II (Romae 1959). — Maria et vita ecclesiae eucharistica, in: PAMI (Hg.), Maria et Ecclesia, Vol. 8 (Romae 1960). – Carlo Balic OFM, Maria und die Eucharistie, In: AG Marian. Vereinigungen für Deutschland (Hg.), Marianisches Jahrbuch I, Leutesdorf 1963, S. 97-105. – A. Bandera, La Virgen Maria y los Sacramentos, 1978. — F. Holböck, Das Allerheiligste und die Heiligen, 1979, 420-428 – Boleslaw Pylak, Maria und das Geheimnis der Eucharistie (= Eichstätter Hochschulreden 68), München 1989. – Hermann Blüml, Maria und die Eucharistie, in: Klerusblatt 85 (2005) 104 f.
Autor: Johannes Stöhr (1989, ML II, ergänzt 14.6.2023)