MARIENLEXIKON

Mentorella (Wallfahrtsort)

Santuario “Madre delle Grazie della Mentorella” (Achim Dittrich)

Der sehr alte Wallfahrtsort für den hl. Eustachius (+ um 118) und die „Mutter der Gnaden“ liegt auf einem Vorsprung des Monte Cerella unterhalb des Dorfes Guadagnolo in 1018 Metern Höhe, etwa 55 km östlich von Rom (Capranica prenestina, Diözese Tivoli). Es wird seit 1857 vom Orden der Resurrektionisten betreut und war ein bevorzugter Rückzugsort des hl. Papstes Johannes Paul II. Zuvor sorgten die Jesuiten für die Wallfahrer, nachdem der dt. Gelehrte Athanasius Kircher SJ 1661 die Ruinen der alten Kirche bei Guadagnolo entdeckt u. mit prominenter Unterstützung hatte wiederaufbauen lassen. Im 15. Jh. hatten die Benediktiner die Kirche von Mentorella aufgegeben, die 300 Jahre zuvor auf den Grundmauern einer wohl spätantiken Kirche erbaut worden war.
Die Gründungslegende geht zurück ins 2. Jh. und beinhaltet trotz literar. Ausschmückung histor. Fakten. Die Gegend von Guadagnolo gehörte seit alter Zeit der Familie der Anicier; hier ging der röm. Offizier Placidus Tullius Anicius auf die Jagd und sah im Geweih eines Hirsches ein sprechendes Christus-Gesicht mit Kreuz. Er ließ sich in Rom mit seiner Familie taufen und nahm den Namen Eustachius an, der in der röm. Kirche seit ältester Zeit als Märtyrer am 20.9. verehrt wird und zu den 14 Nothelfern zählt. So findet sich in der Kirche von Mentorella heute noch eine Eustachius-Kapelle (auf der Spitze des Felsens), zu der eine hl. Stiege („Scala santa“) aus dem 18. Jh. führt. Kaiser Konstantin soll im 4. Jh. den Bau einer ersten kl. Kirche zu Ehren des hl. Eustachius veranlasst haben.
Aus der Sippe der Anicier soll ebenso der hl. Benedikt von Nursia gestammt haben, der Ende des 5. Jh.s hier der Überlieferung nach zwei Jahre in einer Felsspalte als Eremit lebte; diese wird heute noch in einer Felsengrotte hinter dem Gnadenbild verehrt. Benedikt wechselte ins nahe Subiaco, von wo im Jahre 594 Mönche des Benediktinerordens zur Betreuung des Pilgerortes kamen, gesandt vom hl. Papst Gregor I., der ebenfalls aus der Familie der Anicier stammen soll. Etwa 800 Jahre betreuten die Benediktiner den Wallfahrtsort u. errichteten im 13. Jh. eine größere Kirche. Zwei Säulen der spätantiken Kirche befinden sich in der heutigen Heiligkreuzkapelle. Eine weitere Kapelle ist dem hl. Papst Silvester I. (+ 335) geweiht, der die von Kaiser Konstatin errichtete Eustachius-Kapelle geweiht haben soll.
In der spätroman., dreischiffigen Kirche wurde eine große Figur der Gottesmutter Maria mit Kind aufgestellt, die sich unter dem Baldachin oberhalb des Hauptaltares (1305) befindet. Die aus Eichenholz kunstvoll geschnitzte Statue zeigt in spätroman. Manier (13. Jh.) die thronende Gottesmutter mit dem Jesusknaben auf dem linken Bein; ihre rechte Hand verweist auf ihn in der Weise einer -> Hodegetria. Mutter u. Kind wurden am 29.9.1901 gekrönt, die Figur ist kostbar mit Edelsteinen u. Perlen besetzt; 1972 wurde sie gestohlen und 1973 zurückgebracht. Bei der linken Säule des Presbyterium findet sich die Widmungsinschrift der Marienkirche: MEN. OC. D. XXIII DEDICATIO BEATAE MARIAE IN WLTVILLA.
Die poln. Patres haben das Gemälde einer Madonna auf der Mondsichel sowie ein Bild der Gottesmutter von Tschenstochau im Altarraum aufgehängt; in den bunten Glasfenstern findet sich u.a. eine Verkündigungsszene; an den Unterseiten der Hauptschiffarkaden finden sich schmale Heiligenfresken, neben Benedikt u. der hl. Scholastika auch der -> hl. Kasimir, ein königlicher Marienverehrer aus Polen. Wie A. Kircher hat auch Papst Innozenz XIII. (+ 1724) sein Herz in Mentorella beisetzen lassen.
Bronze-Figuren und Gedenktafeln erinnern an die zahlreichen Besuche von Joh. Paul II. und Benedikt XVI. (29.10.2005); letzterer widmete 2007 dem Heiligtum eine geweihte Silberrose. Von Castel Gandolfo aus kam auch Papst Leo XIV. zum Gebet nach Mentorella (19.8.2025).
Das jährliche Patrozinium der Wallfahrtskirche wird seit 1664 am Fest des Erzengels Michael begangen (29.9.); sie wurde zum Hl. Jahr 2000 gründlich saniert.

Literatur: Marcello Reghini, La Mentorella, Storia – archeologia – monumenti, 1997. – Michael Mott, Athanasius Kircher u. das Heiligtum Mentorella. Zur 400. Wiederkehr des Geburtstags des in Geisa geborenen Universalgelehrten, in: Buchenblätter 75 (2002), Nr. 9, S. 33 – 34, Nr. 10, S. 37 – 38, Nr. 11, S. 43. – Claudio Angelini, Il santuario della Mentorella, 2013. – Reinhard Abeln, Die Vierzehn Nothelfer, Kevelaer 2013, S. 69–74. – Bernard Hylla CR, Mentorella – Santuario Madre delle Grazie, Mentorella 2016 (Kirchenführer, 20 S.).

Links: https://santuariodellamentorella.jimdofree.com

Autor: Achim Dittrich (Okt. 2025)