Hoffnung – Maria als „Mutter der Hoffnung“
„Hoffnung“ (Mutter der H.), Art. v. Anton Ziegenaus, Marienleixkon III (1991), 227 f (ergänzt v. A. Dittrich, Juli 2025)
In Gebeten, Liedern u. Litaneien wird Maria direkt (z.B. Salve Regina: Spes nostra) oder indirekt (z.B. Hilfe der Christen, Zuflucht der Sünder) in ihrer hoffnungsstärkenden Funktion angerufen u. verehrt. Hilfe, Trost u. Fürbitte wurden von Maria erhofft in den versch. Nöten des Leibes und des ird. Lebens, wie die Votivtafeln an Wallfahrtskirchen belegen, vor allem aber in den seelischen Bedrängnissen auf Grund von Sünde u. Todesangst. In manchen Litaneien (vgl. EstMar 49,384) wird Maria (in Anschluss an Sir 24,24 Vul) als personifizierte Weisheit Mater (pulchrae dilectionis et timoris et agnitionis et) sanctae spei genannt. Maria ist aufgerichtetes u. aufrichtendes Zeichen der Hoffnung; sie wird gerade deshalb von den Gläubigen in ihren Nöten gesucht, weil ihr die leidvollen Themen des Lebens nicht fremd waren.
Aufgerichtetes Zeichen der Hoffnung ist Maria insofern, als sie Aufweis der bereits realisierten u. prinzipiell realisierbaren H. ist. Ohne Maria bliebe der Glaube nur ein schöner, aber utopischer u. deshalb deprimierender Gedanke (wie ein Märchen, in dem auch das Gute u. Wahrhaftige siegen, wogegen die Wirklichkeit anders aussieht) und die Erlösung nur Verheißung einer Wirklichkeit in der Zukunft; Maria dagegen ist Vor- u. Vollerlöste, weil die Erlösung von Sünde u. Tod an ihr schon Wirklichkeit ist. Sie verstärkt somit den Glauben an die Realisierbarkeit der H. Hier ist allerdings ein Einwand zu bedenken: Auch ohne Maria wäre die Erlösung bereits durch die Auferstehung Christi Wirklichkeit geworden, d. h. schon im Pilgerstand könnte das innere Auge des Glaubens den prinzipiell realisierten Sieg über Sünde u. Tod schauen. Im Sinne dieses Einwands könnte man auf die vielen Schriftstellen verweisen, die von der passiven Erweckung u. Erhöhung des Sohnes sprechen (vgl. Röm 10,9; Phil 2,9). Jedoch sind dem die aktiven Formulierungen entgegenzuhalten, die von einer eigens gewirkten Auferstehung sowie davon sprechen, dass der Sohn sich selbst zur Rechten des Vaters setzte (vgl. 1 Thess 4,14; Hebr 8,1). Insgesamt lässt sich sagen: Erhöhungs- u. Präexistenz-Christologie sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen (vgl. Hebr 1,2; Phil 2,6-11). Jesus Christus ist in näherer Hinsicht Erlöser (und nicht Erlöster), wobei seinem Menschsein eine aktive Rolle bei der Erlösung zukommt (-> Erlösungsordnung). Deshalb gilt zurecht: Ohne Maria gäbe es zwar einen Erlöser, aber die Erlösung als sein Werk bliebe nur in der Form der Verheißung gegenwärtig (vor allem im Rahmen der reformator. Sola-Fides-Auffassung). Wenn aber die Wirkung (= Erlösung) nur schwach zur Geltung kommt, könnte Zweifel an der Stärke der Ursache (= Erlöser) aufkommen.
Maria ist aufgerichtetes Hoffnungszeichen durch das, was sie ist. Die Jungfrau u. Mutter ist Bild für die unauflösbare Einheit (bei Wahrung der Verschiedenheit) von Gott u. Mensch in Jesus Christus, etwa nach dem Wort des Athanasius (De incarn. 18): »Die Geburt aus der Jungfrau ist der sichtbarste Beweis für die Gottheit des Sohnes«. Marias -> UE und ihre -> Aufnahme in den Himmel sind ferner Zeichen für die endgültige u. grundsätzlich geschehene objektive Erlösung von Sünde u. Tod, auch wenn die Erlösung — deshalb Zeichen! — für die übrigen Menschen noch aussteht u. subjektiv noch ergriffen werden muss. Das aufgerichtete Hoffnungszeichen ist zugleich auch aufrichtend: Einmal hat in den versch. Nöten des Lebens der Gläubige im Blick auf dieses Hoffnungszeichen Trost, Kraft u. Zuversicht gefunden. Die Aufrichtung geschieht aber nicht nur durch gläubige Betrachtung der Mariengestalt, sondern vor allem durch die -> Fürbitte (die auf Grund der Aufnahme erst voll zur Geltung kommt; -> Königtum) der GM und durch das Vertrauen auf ihren Beistand. Davon zeugen viele Gebete u. Anrufungen. Maria wirkt mit, dass Glauben u. Heil wirklich werden.
Da Maria als aufgerichtetes Hoffnungszeichen das gott-menschliche Sein Jesu Christi und die (aus dem Werk ersichtliche) Größe des Erlösers widerspiegelt und aufrichtet in der Weise der Fürbitte, tritt sie nicht in »Konkurrenz« zu ihrem Sohn, sondern lässt ihn als die Ursache u. das Ziel menschl. Hoffnung erkennen. A. Ziegenaus, 1991.
Das Zw. Vatikan. Konzil hat in LG VIII das fünfte Kapitel Maria als Hoffnungsgestalt gewidmet: „Maria als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes für das wandernde Gottesvolk“; der folgende Art. LG 68 bringt die himml. Vollendung Mariens als Ersterlöste in Verbindung mit dem Ziel der pilgernden Kirche: „Wie die Mutter Jesu, im Himmel schon mit Leib und Seele verherrlicht, Bild und Anfang der in der kommenden Weltzeit zu vollendenden Kirche ist, so leuchtet sie auch hier auf Erden in der Zwischenzeit bis zur Ankunft des Tages des Herrn (vgl. 2 Petr3,10) als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes dem wandernden Gottesvolk voran“. LG 68 stellt eine vielzitierte Aussage der ganzen Kirchenkonstitution dar; auch ein Messformular wurde nach diesem Motiv veröffentlicht („Mutter der hl. Hoffnung“, in: Marienmessen, Freiburg 1994, S. 248-254).
Das Schlussgebet vom Fest Mariä Geburt formuliert: „Erfülle uns mit Freude am Geburtsfest der seligen Jungfrau Maria, denn sie ist die Morgenröte des Heiles und das Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt“ (Schott-Meßbuch 2, 1309). J. M. Schultheis MSJ brachte von 1998 bis 2002 die Zeitschrift „Maria – Zeichen der Hoffnung“ heraus. Kardinal W. Kasper stellte sein 2018 erschienes Marienbuch unter den Titel „Zeichen der Hoffnung“.
2020 erweiterte Papst Franziskus die offizielle Lauretanische Litanei um neue Titel: Mater spei, Solacium migrantium, Mater misericordiae. Zum Heiligen Jahre 2025 profilierte er Maria ebenfalls als „Mutter der Hoffnung“, in der Verkündigungsbulle „Spes non confundit“ (9.5.2024). Nr. 24 beginnt: „Die höchste Zeugin der Hoffnung ist die Mutter Gottes. An ihr sehen wir, dass Hoffnung kein törichter Optimismus ist, sondern ein Geschenk der Gnade in der Wirklichkeit des Lebens.“ Er schildert den Weg Mariens mit Jesus bis unter das Kreuz, wobei sie nie „die Hoffnung und das Vertrauen auf den Herrn“ verlor. „So wurde sie unter den Schmerzen, die sie aus Liebe aufopferte, zu unserer Mutter, zur Mutter der Hoffnung. Es ist kein Zufall, dass die Volksfrömmigkeit die Heilige Jungfrau auch weiterhin als Stella Maris anruft, mit einem Titel, der die sichere Hoffnung zum Ausdruck bringt, dass die Mutter Gottes uns in den stürmischen Wechselfällen des Lebens zu Hilfe kommt, uns stärkt und uns einlädt, zu vertrauen und weiter zu hoffen.“ Im weiteren verweist er auf die Wallfahrtsorte als Orte der Hoffnung, besonders auf das mexikanische Guadalupe. (A. Dittrich, Juni 2025)
Literatur: Joh. Maier, Studien zur Geschichte der Marienantiphon „Salve regina“, Regensburg 1939 (Spes nostra). – R. Graber, Maria – Zeichen der sicheren Hoffnung, in: AMV (Hg.), Maria – erfüllte Hoffnung, Leutesdorf 1976, S. 35-45. – A. Ziegenaus, Die Gestalt Mariens im Glaubensleben der Kirche, In: G. Rovira (Hg.), Die Mutter der schönen Liebe, 1982, 45-63. — Maria, Madre de la Reconciliacion, In: EstMar 50. — A. Fries, Maria – unser Weg zu Jesus. Texte des hl. Albertus Magnus, 1989, 124-144. — L. Scheffczyk, Maria, Leitbild der Hoffnung in der Lehre Gabriel Biels, In: A. Coreth u. a. (Hg.), Servitium Pietatis, 1989, 3-25. – Th. Maas-Ewerd, Art. „Salve Regina“ (Spes nostra), in: MarLex V (1993) 649. – „Marienmessen“ – Schott-Messbuch, hg. v. der Erzabtei Beuron, Freiburg 1994. – AMV (Hg.), Maria – Zeugin der Hoffnung, Leutesdorf 1998. – „Maria – Zeichen der Hoffnung“. Zweimonats-Zeitschrift zur Förderung einer bibl. begründeten u. kirchlich orientierten Marienverehrung, Leutesdorf am Rhein 1998-2002 (Joseph M. Schultheis MSJ u.a.). – Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik (Hg.), Maria: Gnade u. Hoffnung in Christus. Eine gem. Stellungnahme (anglikan. / röm.-kath.), Paderborn u. a. 2006. – Helmut Moll, Trost in der Bedrängnis. Die Gottesmutter Maria als Zeichen der Hoffnung, in: Ders., Martyrium u. Wahrheit. Zeugen Christi im 20. Jh., Weilheim-Bierbronnen 2006 (72020) 83-96. – A. Heinz, Die marian. Schlussantiphonen der Tagzeitenliturgie (Salve Regina u.a.), in: Ders., Christus- u. Marienlob, Trier 2010, 114-135. – Papst Franziskus, Maria, Mutter der Hoffnung. Ermutigungen, Leipzig 2014. – M. Hauke, „Das Sonnenwunder von Fátima als Zeichen der Hoffnung“, in: Theologisches 47 (1/2, 2017) 7-36. – Walter Kasper, Maria – Zeichen der Hoffnung, Düsseldorf 2018. – Hermann Geißler, Maria, Mutter unserer Hoffnung…, in: G. Stumpf (Hg.), Der kath. Weg zur wahren Freiheit, Landsberg 2021, S. 153-169. – Papst Franziskus, Verkündigungsbulle „Spes non confundit“, in: M. Hauke u. J. Stöhr (Hg.), Sedes Sapientiae – Mariolog. Jahrbuch 28 (2024) 16 f.
Links: https://www.vatican.va/content/francesco/de/bulls/documents/20240509_spes-non-confundit_bolla-giubileo2025.html (Verkündigungsbulle „Spes non confundit“, 2024).