MARIENLEXIKON

Goldene Rose (päpstl. Ehrengabe)

Goldene Rose („Papstrose“, „Tugendrose“) – von Achim Dittrich (April 2025)

Die Goldene Rose (lat. „rosa aurea“) ist ein päpstl. Ehrengabe, das der Pontifex maximus im Mittelalter zunächst nur dem röm. Stadtpräfekten jährlich überreichte, später Standespersonen in aller Welt, die nicht dem Klerus angehören. Die Empfänger repräsentierten oft auch Institutionen, Klöster oder Städte. Heute erhalten nur noch Basiliken die Goldene Rose (GR), zumeist Marienwallfahrtsorte.
Das mittelalterl. Ritual in Rom fand am vierten Fastensonntag (Domenica delle rose) statt und sah vor, dass der Stadtpräfekt bei einer feierl. Prozession das Pferd des Papstes von der Lateran-Basilika zur Kirche S. Croce in Gerusalemme führte. Die GR bildet als filigrane Schmiedearbeit einen Rosenzweig nach, klassisch mit sechs Blütenknospen an Stielen mit Blättern, wobei ein Hauptstiel mit großer Knospe von fünf kleineren Stielen umgeben ist. In der Hauptblüte befindet sich eine Kapsel für Duftöle (Balsam u. Moschus). Es gibt einige Variationen der GR, wie das 1417 dem Stadtrat von Florenz verliehene Exemplar zeigt (9 Blüten, mit Saphiren, zusätzlich Myrrhe). Die erste Beschreibung einer GR stammt aus dem Jahr 1314, als Papst Benedikt XI. dem Konvent San Domenico in Perugia eine kostbare GR mit Saphiren schicken ließ (Nersinger 2011, S. 177). Sixtus IX. allein verlieh keine GR, sondern – nach dem Familienwappen – einen vergoldeten Eichenzweig als päpstl. Auszeichnung. Extrem kostbar wurde die GR für die fr. Kaiserin Eugenie 1856 gestaltet (Pius IX.): eine Vase auf Lapislazuli-Sockel (mit marian. Reliefs) mit echten Rosen. Im 20. Jh. wurde die GR zunehmend schlichter gestaltet; dafür setzte Papst Leo XIII. ein eigenes Amt des GR-Überbringers ein, den „Latore della Rosa d’Oro“, das 1968 entfiel.
Den ersten Beleg für die Überreichung der Goldenen Rose findet sich in einer Bulle von Papst Leo IX. (+ 1054), der sie einem Kloster in Lothringen verlieh. Für 1096 ist belegt, dass Urban II. den Gunsterweis der GR dem Grafen von Anjou, Fulko IV. (+ 1109), zukommen ließ, womit eine ursprünglich stadtröm. Sitte zur fromm-polit. Geste in der Gesamtkirche geworden war. Papst Honorius III. (+ 1227) mutmaßte, dass der Brauch der GR-Verleihung vom hl. Papst Gregor I. vom Anfang des 7. Jh. stamme. Ab Mitte des 12. Jh. gehörte der röm. Stadtpräfekt nur noch selten zu den Empfängern. Das alljährliche Ritual der feierl. Weihe der GR mit öffentl. Prozession endete 1309, als die Päpste in Avignon Residenz nahmen; nach ihrer Rückkehr an den Tiber 1377 wurde die alte Sitte vereinfacht weitergeführt. Der Papst weihte die GR in einer Lateran-Kapelle und befüllte die Kapsel mit dem Duftöl; sie wurde im Rahmen einer Hl. Messe gesegnet u. inzensiert, um anschließend dem Auszuzeichnenden bzw. dessen Gesandtschaft überreicht zu werden.
Zur Deutung: Papst Eugen III. (+ 1153) sieht in ihr ein Symbol für Leiden u. Auferstehung Christi. Der Empfänger solle zum Heile paulinisch an seine eigenem Leib ergänzen, was am Leiden Christi noch fehle. Papst Alexander III. (+ 1181) verfasste eine ausführl. Katechese zur GR, die als ein Zeichen für Christus, den König u. Schmerzensmann gedeutet wird (Nersinger 2011, 169 f.); der Duft verweise auf die Herrlichkeit der Auferstehung. Innozenz III. (+ 1216) sieht in einer erhaltenen Predigt (PL CCXVII, 393-398) die GR ebenfalls als Christus-Symbol: Wie diese nach Moschus u. Balsam rieche, so fänden sich in der Person Jesu drei „Substanzen“: Seine Gottheit, eine Seele in einem menschl. Körper (ebd. 170 f.).
Die Goldene Rose galt als päpstl. Ehrung und wurde zum Mittel der Diplomatie, denn sie unterstrich auch die Erwartung des Papstes, dass der Empfänger eine relig. Verpflichtung gegenüber dem Hl. Stuhl habe. So sandte Paul II. (+ 1464) die GR an den Herzog von Mailand, zur Ermunterung an der Teilnahme am geplanten Kreuzzug. Leo X. verlieh 1519 Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen die GR, um ihn in den Anfängen der Reformation wieder auf die Seite der röm. Kirche zu ziehen; derselbe Papst verlieh dem jungen König Heinrich VIII. von England mit der GR den Titel „Defensor fidei“ – beiden Gesten verfehlten ihre Absicht.
Neben männl. Standespersonen erhielten Städte bzw. polit. Gremien die GR verliehen, so z. B. der Stadtrat von Florenz 1417, im weiteren auch Genua u. Siena. Weibl. Standespersonen kamen als Empfänger hinzu, erstmals wahrscheinlich 1368 (Königin Johanna von Sizilien, durch Urban V.). Seit dem 17. Jh. zeichnete der Papst Männer zumeist mit Schwert u. Hut aus, die GR wurde zunehmend nur Frauen von Stand verliehen und hieß daher auch „Tugendrose“. 1780 erhielt mit dem Generalstatthalter der Lombardei, Erzherzog Johann Karl von Österreich, letztmals ein Mann die GR. Prominent unter den GR-Empfängerinnen ist Ks. Elisabeth von Österreich (durch Pius IX.). Papst Pius XII. verlieh 1956 letztmalig mit Großherzogin Charlotte von Luxemburg einer Person die GR (vgl. Liste der Empfänger/innen). „Danach wurde die Goldene Rose nur mehr bedeutenden Gotteshäusern, überwiegend Heiligtümern der Gottesmutter zugedacht“ (Nersinger 2011, S. 175).
Anknüpfend an Pius XII., der der Kathedrale von Goa (Indien) die GR bringen ließ, verlieh sie ab 1962 Paul VI. nur noch Basiliken bzw. Wallfahrtsorten (Fatima 1965, Guadalupe 1966 u.a.). Sein Nachfolger Joh. Paul II. brachte zumeist persönlich u. ausschließlich Marienwallfahrtsorten die GR (neuen Basiliken, darunter Tschenstochau 1979, Loreto 1995 u. Lourdes 2004); im Dez. 2000 überbrachte Kardinal A. Lopez Trujillo die GR erneut Loreto, als Auszeichnung der Familie (Kongress). Benedikt XVI. verlieh 18 Wallfahrtsorten die GR (Mariazell 2007, Altötting 2008). Papst Franziskus ehrte am 8.12.2023 die röm. Basilika Santa Maria Maggiore samt der Ikone „Salus populi Romani“ mit einer GR, ebenso die Kathedrale von Luxemburg (Trösterin der Betrübten, 26.9.2024).
Die Wallfahrtskirche „Unsere Liebe Frau von Fatima“ in Portugal hat schon dreimal die Goldene Rose erhalten (1965, 2010, 2017), wobei das erste Mal zum nationalen Ereignis wurde: Paul VI. schickte im Nov. 1964 beim Abschluss der III. Konzilssessio die GR nach Portugal, wo sie mit großer Feierlichkeit empfangen und am 13.5.1965 in Fatima präsentiert wurde (Nersinger 2011, S. 182 f.). Benedikt XVI. brachte am 12.5.2010 persönlich die GR nach Fatima, wobei er folgendes Gebet formulierte: „Dir, unser aller geliebten Mutter, überreiche ich hier in deinem Heiligtum von Fatima die Goldene Rose, die ich aus Rom mitgebracht habe, zum Zeichen der Dankbarkeit des Papstes für die Wunder, die der Allmächtige durch dich in den Herzen so vieler gewirkt hat, die zu deinem mütterlichen Haus pilgern“ (Gebet in der Erscheinungskapelle).
Bislang wurden 43 Basiliken ausgezeichnet, manche sogar mehrfach, zumeist Marienwallfahrtskirchen (vgl. Liste der Empfangsorte).

Literatur:
C. Catari, La Rosa d’Oro Pontificia, Roma 1682. – Antonio Baldassari, La rosa d’oro, che si benedice nella quarta domenica di quaresima dal sommo pontefice, Venezia 1709. – Gaetano Moroni, Art. „Rosa d’Oro“, in: Dizionario di erudizione storico-ecclesiastica, Venezia 1852. – Charles Herbermann, Art. „Golden Rose“, in: Catholic Encyclopedia, New York 1909. – J. Kreps, La Rose d’Or, in: Questions Liturg. et Paroissales, 11 (1926) 71-104 u. 149-174. – P. Ludovici, Die GR in der kirchl. Überlieferung, in : L’illustrazione vaticana, Nr. 33 (März 1937, dt. Ausgabe) 88-91. – H. Schnell (Hg.), Bayerische Frömmigkeit, 1960, S. 183 (Gold. Rose Albrechts III. von Bayern, Rom, um 1450; Bildtafel Nr. 45). – Elisabeth Cornides, Rose u. Schwert im päpstl. Zeremoniell, Wien 1967. – G. Sacchi Lodispoti, La Rosa D’Oro, in: Strenna die Romanisti 45 (1984) 467-483. – Dieter Scheler (Hg.), Die GR des Herzogs Johann von Kleve: der Bericht Arnold Heymericks von der Überreichung… im Jahr 1489, 1992. – Wolfgang Petke, Das Breve Leos X. an Georg Spalatin von 1518 über die Verleihung der GR an Friedrich den Weisen, 1998. – Ulrich Nersinger, Liturgien u. Zeremonien am Päpstlichen Hof, Bd. 2, Bonn 2011, S. 165-183.

Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Rose
https://www.gnadenort-altoetting.de/geschichte-institutionen/geschichte-von-altoetting/goldene-rose (gut erklärt u. illustriert)
https://www.pro-missa-tridentina.org/upload/Goldene_Rose.pdf (Text von U. Nersinger, 2004)
https://www.pro-missa-tridentina.org/upload/Goldene_Rose.pdf