Epiphanius von Salamis (Bischof u. Theologe)
Epiphanius von Salamis – von Stefan Heid
Geboren zw. 310 und 320 in Palästina, ca. 30 Jahre lang Mönch in Eleutheropolis, seit 367 Bischof von Salamis (Zypern), gestorben 403. Als Theologe u. Bischof spielte er eine bedeutende Rolle in der mariol. Lehrentwicklung der Ostkirche des 4. Jh.s. Seine diesbezügl. Einsichten finden sich vor allem in einem um 370 verfassten Brief an Christen in Arabien und in dem gegen 377 vollendeten häresiologischen Werk „Panarion“ (Haereses), in dem er den erwähnten Brief nochmals veröffentlich hat.
Die immerwährende Jungfräulichkeit Marias vertritt er — angeregt durch die asket. Bewegung — mit einer Sicherheit u. Autorität wie kein anderer der zeitgenöss. Theologen u. Bischöfe. Seine Gegner nennt er die (arab.) Antidikomarianiten. Die Jungfräulichkeit Marias in partu scheint z. Zt. des E. unbestritten zu sein, jedenfalls geht er darauf nicht apologetisch ein.
Im Gegensatz zur arab. Häresie der Kollyridianerinnen (sie bringen Maria Brotopfer dar) fordert E. einen gemäßigten Marienkult. Verehrung gebührt Maria, Anbetung allein Gott (Haer. 79,9,4), wobei er selbst nicht immer konsequent unterscheidet.
E. wirft die Frage nach dem Lebensende Marias auf, vielleicht angeregt durch seine palästinische Herkunft. Doch seine Nachforschungen bzgl. eines Verbleibs der sterbl. Überreste Marias oder eines Grabes (etwa in Jerusalem oder Ephesus) bleiben erfolglos. Er lässt daher die Möglichkeit eines natürlichen Todes, des Martyriums (vgl. Lk 2,35) oder der Aufnahme Marias ohne irdischen Tod (vgl. Offb 12,14) offen. Die Hl. Schrift gibt nur die allg. Gewissheit, dass Maria ein ihrer Rolle im Erlösungswerk gemäßes u. außergewöhnliches Ende gefunden hat, weshalb E. die dritte Möglichkeit vorzieht. Von Justin u. Irenäus übernimmt E. eine theol. entfaltete Eva-Maria-Antithese in Verbindung mit Gen 3,15. Anders als etwa -> Ambrosius kennt E. keine andere atl. Marien-Typologie. Maria ist von Gott als Gegenbild Evas ausersehen: Diese ist »Ursache des Todes«, jene »Ursache des Lebens« … (Haer. 78,18,5). Maria ist »Mutter der Lebenden« (Haer. 78,18,2). Sie wird nicht ausdrücklich Typus der Kirche genannt, steht aber in engster Beziehung zu ihr.
Über die konkreten Umstände der Ehe zwischen Maria und Joseph schöpft E. vieles aus apokr. Schriften (besonders aus dem -> Jakobus-Ev.). Joseph ist ein greiser Mann (Haer. 78,7,5) und hat schon aus einer ersten Ehe Kinder als Stiefbrüder Jesu (Haer. 78,9,5). Eine Schwierigkeit, die erst -> Ambrosius mit Hilfe des röm. Ehebegriffs löst, ist die Frage nach der rechtl. Natur dieser Ehe, die sich E. wie auch anderen östl. Vätern stellt, die zwar an der perpétua virginitas Marias festhalten, sich aber notwendig eine Ehe als im ehel. Akt vollzogen vorstellen. E. mildert daher den rechtl. Ehecharakter im Sinne einer Scheinehe.
QQ und Ausgaben: Clavis Patrum Graecorum, Nr. 3744-3761. – Haereses 78 (Antidikomarianiten), In: GCS 37, 452-475; dt. BKV2 38, 233-263. – Haer. 79 (Kollyridianerinnen), In: GCS 37,475-484. — Ps.-Epiphanius, De laudibus Mariae Deiparae, In: PG 43,485D-501C.
Literatur: F. J. Dölger, Die eigenartige Marienverehrung der Philomarianiten oder Kollyridianer in Arabien, In: AuC I, 19742, 107-142.
Domiciano Fernandez, De cultu et veneratione B. M. V. apud S. Epiphanium, In: EphMar 8 (1958) 271-290. — Ders., La Integridad Virginal de Maria en San Epifanio y en la Iglesia Primitiva, In: Virtud y letras. Manizales 17 (1958) 135-147. — Ders., De perpétua Mariae virginitate iuxta S. Epiphanium, In: Mar. 20 (1958) 129-154. — Ders., De morte et assumptione Mariae iuxta S. Epiphanium, In: EphMar 8 (1958) 385-408. — Ders., Funcion de Maria en la economia de la salvacion segun San Epifanio, In: Revista espanola teologia 19 (1959) 253-276. — Ders., De matrimonio Mariae et Joseph iuxta S. Epiphanium eiusque coaequales, In: EphMar 13 (1963) 453-467. — Ders., De mariologia sancti Epiphanii (Bibliotheca mariana biblico-patristica 1), 1968.
T. Gallus, Ad Epiphanii interpretationem mariologicam in Gen 3,15, In: Verbum Domini 34 (1956) 272-279. — G. Jouassard, Deux chefs de file en théologie mariale dans la seconde moitié du IVème siècle, s. Épiphane et s. Ambroise, In: Greg. 42 (1961) 5-36. — E. Megyer, Mariologia S. Epiphanii, Diss. Rom 1969. — HDG III,4, 1978, 69 f. — BBKL I (1990) 1521 f. (Fr. W. Bautz). – RGG (1999) II, 1374 (J. Dummer). – Nuovo Dizionario Patristico e di Antichità Cristiane 1 (2006) 1670-1673.
Autor: Stefan Heid (Art. aus ML II [1989] 375 f.; aktualisiert Sept. 2025)
