Akelei (Pflanzensymbolik)
Akelei – von Genoveva Nitz (2024), gründlich überarbeitete Version von ML I, 68 (1988).
Albertus Magnus nennt sie — zus. mit Veilchen, Lilie, Rose u. Schwertlilie — eine Zierblume, für einen Lustgarten geeignet (De vegetabilis et plantis VII, 1, 14). Auch als Heilpflanze bei der Wundversorgung war sie im MA gebräuchlich (Behling, Tafelmalerei, 40 f.).
Die symbol. Assoziationen der Akelei sind vielfältig. Wegen der taubenähnlichen Gestalt des Blütenhonigblatts (vgl. den engl. Namen »columbine«) wurde die Pflanze sinnbildlich auf den Hl. Geist bezogen. Demnach symbolisieren Exemplare mit 7 Blüten die Sieben Gaben des Hl. Geistes. Volksetymologisch wurde der Name »Akelei« (aquilegia) in Beziehung zur kabbalistischen Buchstabenfolge »AGLA« gebracht; in diesem Sinne steht die mehrblütige Pflanze für die wiederholte Anrufung Gottes.
In der nordischen Mythologie war die Akelei Freya, der Göttin der Liebe u. Fruchtbarkeit, geweiht. Im späteren MA begegnet sie in Bildern neben marian. Symbolpflanzen wie Lilie u. Rose aus bibl. u. antiken Quellen. Die glockenförmig geneigte Blüte wurde als Sinnbild der Demut Marias interpretiert, eine Pflanze mit 7 Blüten konnte für ihre Sieben Schmerzen stehen. Da sie als Heilpflanze galt, wurde die Akelei auf das Heil gedeutet, das Maria durch die Menschwerdung Jesu der Welt brachte. Das „Rosarium“, ein niederländ. Gedicht (14. Jh.), grüßt sie als „akeleye fier / Maria, jonefrou wael gedaen“. Der Genter Altar von -> Van Eyck stellt sie zweimal in versch. Bedeutungen dar: als Anruf Gottes (AGLA) innerhalb des Bodenfliesenornaments in den Tafeln der lobpreisenden Engel, und als Mariensymbol, zusammen mit Perlen, Edelsteinen, Lilien, Rosen, und den Maiglöckchen in der Krone der zur rechten Seite Gottes thronenden Maria (1432, Gent, St. Bavo).
Darstellungen der Akelei mit marian. Bedeutung finden sich häufig, besonders in der Kunst dt. u. niederländ. Meister des 15./16. Jh.s. Beispiele: Andachtsbild der Madonna u. Kind, das einen Stengel mit drei Akeleiblüten hält (westfäl. Meister, um 1420, im Dom zum Hl. Kreuz in Nordhausen; stilisiert in dem symbolreichen -> Hortus conclusus der myst. -> Einhornjagd (Meister des Erfurter Einhornaltars, 1410-30, Erfurter Dom); naturnah u. frei wachsend als Gartenpflanze im Paradiesgärtlein (oberrhein. Meister, um 1410, Frankfurter Städel; thronende Muttergottes in einer Landschaft (H. Burgkmair, 1505, Nürnberg, GNM). Auffallend in einer Vase im Vordergrund der Darstellung: Verkündigung Mariä (fr. Meister der Verkündigung von Aix, 1443-45, Église de la Madeleine, Aix-en-Provence; Hugo van der Goes, Anbetung des Kindes, Portinari Altar (1473-77, Florenz, Uffizien). Wieder im Vordergrund, aus dem Boden wachsend, zeigt Van der Goes die Pflanze in der Anbetung der Könige vom sog. Monforte-Altar (um 1470, Berlin, Gemäldegalerie). Vom gleichen Meister erscheint sie neben der Schwertlilie zwischen Adam u. Eva als Zeichen der Hoffnung auf Erlösung im linken Flügel eines Diptychons, dessen rechter Flügel mit der Kreuzabnahme u. Beweinung Christi die Vollbringung der Heilsgeschichte darstellt (um 1477, Wien, Kunsthist. Mus.). In ital. Marienbildern findet sich die Akelei seltener, außer beim Mailänder Bernardino Luini: Madonna im Rosenhag, wo das Jesuskind nach einer Akelei greift (ca. 1500-10, Mailand, Pinacoteca di Brera).
Literatur: Salzer. — J. Krumbiegel, Die Akelei (Aquilegia). Eine Studie aus der Geschichte der dt. Pflanzen, In: Janus 36 (1932). — R. Fritz, Aquilegia. Die symbol. Bedeutung der Akelei, In: Wallraf-Richartz-Jb 14 (1952). — E. Wolflhardt, Beiträge zur Pflanzensymbolik, In: ZKw 8 (1954). — L. Behling, Die Pflanzenwelt der mittelalterl. Kathedralen, 1964. — L. Behling, Die Pflanze in der mittelalterl. Tafelmalerei, 2/1967. – E. Gallwitz, Kl. Kräutergarten – Kräuter u. Blumen bei den Alten Meistern im Städel, 1996. – M. Beuchert, Symbolik der Pflanzen: Von Akelei bis Zypresse. ²/2004 – S. Widauer, Marienpflanzen: Der geheimnisvolle Garten Marias in Symbolik, Heilkunde und Kunst, 2009. (G. Nitz 2024).
